Er gehörte bereits zu den bedeutendsten Astronomen Europas, als er im Oktober 1597 mit Familie, Bediensteten, astronomischen Hilfskräften, großen Instrumenten und Buchdruckerei in Wandsbek eintraf und von Heinrich von Rantzau in seinem Herrenhaus aufgenommen wurde. Tycho Brahe wird die freundliche Aufnahme in Wandsbek sehr geschätzt haben, denn er hatte Dänemark unter belastenden Umständen verlassen müssen. Vorbei die Zeiten, als der dänische König ihn sehr großzügig bei seinen astronomischen Forschungen gefördert hatte.
Tycho Brahe stammte aus einem schwedisch-dänischen Adelsgeschlecht, und sein Vater war dänischer Reichsrat, als Tycho am 14. Dezember 1546 zur Welt kam. Bereits im Alter von 12 Jahren begann er ein Studium an der Universität Kopenhagen. Ein Jahr später erlebte er eine Sonnenfinsternis und beschloss, sich intensiv mit der Astronomie zu beschäftigen. Er las alle ihm zugänglichen astronomischen Bücher. Er erkannte bald, dass die vorhandenen astronomischen Instrumente unzureichend waren und keine zuverlässigen Ergebnisse ermöglichten. Deshalb begann er schon früh damit, eigene Instrumente zu entwickeln.
Die astronomischen Kosten einer Sternwarte
1572 konnte er mit seiner Schwester Sophie, die zeitlebens an seinen Forschungen beteiligt war, eine Supernova beobachten, das kurze Aufleuchten eines Sterns, der sich in einer gewaltigen Explosion auflöste. Das rüttelte kräftig an der kirchlichen Lehre, dass der Himmel vollkommen und unveränderbar wäre. Tycho Brahe schrieb ein Buch über dieses Ereignis, „ein Wunder, wie es seit Anbeginn der Welt nicht gesehen wurde“.
Er war nun berühmt, und König Frederik II. wollte verhindern, dass er mitsamt seinem Wissen auswanderte. Also finanzierte er 1576 den Bau der ersten speziell für diese Aufgabe konzipierte Sternwarte Europas auf der kleinen Insel Ven im Öresund, die über zahlreiche Instrumente verfügte. Der König stellte auch großzügig Mittel für den laufenden Betrieb einschließlich der angeschlossenen astronomischen Hochschule bereit.
Die Kosten sollen astronomisch gewesen sein und einen beachtlichen Teil der dänischen Steuereinnahmen verschlungen haben. Die Großzügigkeit des Königs konnte der Astronom auch deshalb gut brauchen, weil nach der Heirat mit Kirsten Barbara Jørgensdatter bald acht Kinder zur Familie gehörten. Aber dann starb 1588 der royale Gönner. Der Nachfolger Christian IV. kürzte die Zuschüsse für die Sternwarte und strich sie dann ganz wegen des unbeherrschten Auftretens des Astronomen.
21 Jahre lang hatte Tycho Brahe auf Ven geforscht und neue astronomische Instrumente entwickelt.
Die kurze Geschichte der Astronomie in Wandsbek
Mitten in der spannenden Arbeit verließ er enttäuscht unter Mitnahme seiner Instrumente und seiner Forschungsergebnisse Dänemark. Sein Verwandter und Freund Heinrich von Rantzau nahm ihn gern auf, und der Astronom konnte 1597 im Turm des Herrenhauses ein Observatorium einrichten. Tycho Brahe war auch hier auf aufwendige astronomische Instrumente angewiesen, um Messungen der Position und Bewegungen der Himmelskörper vorzunehmen, die anschließend dokumentiert und aufwendig ausgewertet werden mussten.
Anfang 1598 erschien auf der eigenen Druckpresse sein Buch über astronomische Instrumente („Mechanik der erneuerten Astronomie“), das erste jemals in Wandsbek gedruckte Buch. Eines der 200 Exemplare sandte Tycho Brahe an Kaiser Rudolf II., der ihn daraufhin nach Prag einlud, um in einem neu für ihn erbauten Observatorium zu arbeiten. So endete die Wandsbeker Zeit des Astronomen schon nach einem Jahr.
Tycho Brahe hat mit seinen Forschungen auf Ven, in Wandsbek und Prag die Astronomie grundlegend verändert. Seine Messungen von Standorten und Bewegungen der Himmelskörper waren weitaus präziser als frühere Berechnungen. Er ebnete den Weg zur wissenschaftlichen Erkenntnis, dass die Erde nicht im Zentrum des Universums steht, sondern als Planet um die Sonne kreist und das in einer Ellipse. Bereits 1601 starb Tycho Brahe in Prag, sein damaliger Assistent Johannes Kepler setzte die astronomischen Forschungen fort und wurde berühmter als Tycho Brahe. Er nannte Brahe „den Phoenix der Astronomie“.
Am Wandsbeker Markt steht eine Büste des Astronomen, und in Jenfeld erinnert der Tycho-Brahe-Weg an ihn.
Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte