Seit 2020 erinnert der Katherina-Hanen-Weg in Rissen an die Frau, die wahrscheinlich als erste „Hexe“ in Hamburg verbrannt wurde. Offizieller Anklagepunkt war „Zauberei“. Wir wissen nur sehr wenig über die Frau, die 1444 verurteilt und öffentlich getötet wurde. Ihre letzte Lebenszeit verbrachte sie angekettet in der Fronerei, dem Stadtgefängnis. Es befand sich am zentral gelegenen Platz mit dem Namen Berg, etwas südlich vom Hauptportal der St. Petrikirche im Zentrum der Hamburger Altstadt. Heute erinnert die Bergstraße an diesen Platz. Im Keller der Fronerei befand sich ein Folterraum, und es ist zu befürchten, dass man Katherina Hanen dort gefoltert hat. Das geschah mit vielen Delinquenten, um sie mit Daumenschrauben und anderen Folterwerkzeugen zu Geständnissen zu zwingen und dann einen kurzen Prozess mit ihnen zu machen.
„Schadenzauber“ oder „Hexerei“ galt als eine Straftat, über die wie bei vielen anderen Delikten das Niedergericht befand, das sich etwa dort befand, wo heute an der Trostbrücke die Patriotische Gesellschaft ihren Sitz hat. Anders als in vielen anderen Städten stand in der Hansestadt auch Menschen, denen man „Schadenzauber“ vorwarf, ein Rechtsbeistand zu. Geholfen hat das Katherina Hanen nicht. Über den Prozessverlauf ist heute nichts mehr bekannt, nur das Urteil ist überliefert: Tod auf dem Scheiterhaufen.
Den Ort der Ermordung auf dem Scheiterhaufen in dieser Zeit ist nicht bekannt. Anders als Hinrichtungen durch den Henker wurden sie nicht vor der Fronerei durchgeführt, sondern vermutlich außerhalb der dicht besiedelten Stadt, um ein Übergreifen des Feuers zu vermeiden. Aus damaligen Kämmereirechnungen ist im Detail zu erfahren, welche Kosten durch die Tötung der „Hexe“ Katherina Hanen entstanden. Holz und Pech waren zu beschaffen, der städtische Büttel erhielt eine Kostenerstattung für den Gefängnisaufenthalt, die Verbrennung wurde in Rechnung gestellt und ebenso die Reinigung der Fronerei.
Mehr als vierzig, vielleicht sogar über siebzig Frauen und eine kleinere Zahl von Männern, denen Hexerei und Zauberei vorgeworfen wurde, erlitten die gleichen Qualen wie Katherina Hanen. Eventuell war die Zahl auch deutlich höher. Das letzte Verfahren wegen „Zauberei“ fand 1676 statt. Wer diese Frauenverfolgung mit dem „finsteren Mittelalter“ in Verbindung bringt, irrt sich. Die meisten Hexenverbrennungen fanden erst nach der Reformation statt. Auch die Köchin des Reformators Johannes Bugenhagen geriet in Verdacht der „Zauberei“. Bugenhagen konnte ihre Freilassung erwirken, das Verbrennen anderer „Hexen“ hat er nicht verhindert.
Bei der Einweihung eines Erinnerungssteins für die in Hamburg als vermeintliche „Hexen“ verbrannten Frauen im Garten der Frauen des Ohlsdorfer Friedhofs am 7. Juni 2015 stellte die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank dar, wie es zu den „Hexenverbrennungen“ kam: „Frauen wurden als Hexen beschuldigt, weil siet als Sündenziegen für Alltagsängste und gesellschaftliche Missverhältnisse in einer patriarchal strukturierten Gesellschaft herhalten mussten. In solch einer Gesellschaft ist es nicht verwunderlich, dass allen Frauen von Natur aus der Hang zum Bösen nachgesagt wurde, so wie es die beiden Dominikanermönche in ihrem 1486 verfassten Hexenhammer verbreiteten. Schließlich seien die Frauen Töchter Evas, die sich im Paradies von der Schlange verführen ließ; und daher seien die Frauen auch für den Einfluss des Teufels und damit der Hexerei besonders empfänglich.“
Besonders gefährdet waren Frauen, die unverheiratet blieben, allein lebten oder isoliert in der Gesellschaft waren. Frauen, die in der Geschäftswelt eine Konkurrenz für Männer darstellten, mussten ebenfalls befürchten, unter dem Vorwurf der Hexerei angeklagt und so wirksam aus dem Wirtschaftsleben eliminiert zu werden.
Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte