Globalisierung: Das Fahrrad als nachhaltige Alternative
Die Welthauptstadt der Fahrrad-Rikschas ist aber zweifellos Dhaka, die Hauptstadt von Bangladesch. Etwa 200.000 Fahrrad-Taxis gibt es in der Stadt und doppelt so viele Fahrer, die im Schichtbetrieb arbeiten. Mehrere Millionen Fahrgäste und viele Tonnen Fracht werden jeden Tag ans Ziel gebracht, schnell, umweltfreundlich und preiswert. Die bunt angestrichenen Rikschas sind von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt worden Als Papst Franziskus 2017 Bangladesch besuchte, stieg er in eine der Fahrradrikschas. Er ließ sich damit allerdings nicht durch den chaotischen Straßenverkehr von Dhaka kutschieren.
Der preiswerte Transport der Einheimischen in den Rikschas hat die Wirkung, dass die Fahrer und ihre Familien nur ein kümmerliches Dasein fristen. Und die Zukunft ist ungewiss. Denn in vielen anderen asiatischen Städten gehen die Behörden gegen die Rikschas vor. In Kalkutta wurden sie von Tagelöhnern, die von den Behörden angeheuert werden, in Stücke gehauen. In der indonesischen Hauptstadt gibt es Rikscha-Verbot, und die Behörden versenken in spektakulären Aktionen Tausende dieser Gefährte im Meer.
Mit den Rikschas wird nicht nur die Existenz der Besitzer zerstört, sondern auch ein Stück asiatischer Kultur. Walter Keller und Tobias Opitz schreiben hierzu: „Neben den unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen für Hunderttausende und der ökologischen Mehrbelastung der asiatischen Metropolen durch immer mehr Motortaxis wird mit der Verdrängung dieses archaischen asiatischen Transportmittels auch ein Stück lebendiger Kultur vernichtet. Kunst an den Fahrrad-Rikschas ist die Kunst der Armen und Unterdrückten, ist Spiegelbild der Geschichte. So gehören die Rikschas in Bangladesch zu den buntesten der Welt.“[2]
High Tech-Fahrradrikschas in Europa und andere Initiativen zur Förderung des Radfahrverkehrs
Die Fahrrad-Rikschas stören die Vorstellungen der Regierenden von modernen Städten und – was vielleicht noch mehr zählt – sie stören den Autoverkehr. Dafür tauchen die ersten High-Tech-Rikschas in europäischen Metropolen auf und transportieren vor allem Touristen. In westlichen Ländern erlebt das Fahrrad eine neue Blüte, wenn die Kommunen den Radfahrern gute Möglichkeiten bieten. So fährt ein Drittel der Einwohner von Kopenhagen mit dem Fahrrad zur Arbeit.[3]
In den fahrradfreundlichen Niederlanden werden 27 Prozent aller Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt, in Deutschland nicht einmal 12 Prozent. Dabei ist die Hälfte aller Autofahrten kürzer als fünf Kilometer, eine Strecke, die auch Ungeübte gut mit dem Fahrrad zurücklegen können. Ein Beispiel dafür, dass sich dies ändern lässt, ist, Troisdorf in Nordrhein-Westfalen, wo in den 90er Jahren systematisch eine „fahrradfreundliche Stadt“ entstanden ist. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wurden vorher nur fünf Prozent aller Wege zwischen fünf und zehn Kilometern mit dem Fahrrad zurückgelegt, so sind es inzwischen 16 Prozent.[4]
Zu den kirchlichen Initiativen zur Förderung des Fahrradverkehrs gehören Brot für die Welt-Aktionen „Bike & Help“, zum Beispiel zum Kirchentag 2000, bei denen längere Strecken gefahren und für jeden Kilometer Sponsoren gesucht werden, mit deren Hilfe Projekte im Süden der Welt gefördert werden. Es gibt viele weitere positive Anzeichen für eine Renaissance des Fahrrads auch in kirchlichen Kreisen. So kritisiert der Nordelbische Umweltpastor Thomas Schaack die Folgen des Autoverkehrs und fordert: „Auf die Fahrräder!“. Die Nordelbische Synode hat bereits 1989 erklärt: „Der bisherige Vorrang des Autos in der Verkehrspolitik ist abzubauen.“[5]
Inzwischen gibt es ein breites Engagement in den Kirchen und vieler Nichtregierungsorganisationen wie des "Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs" sowie von zahlreichen Kommunalpolitikern für eine fahrradfreundliche Mobilität ruft heftige Reaktionen der Autolobby hervor. Wie heftig die Reaktionen auf eine verstärkte Förderung der Fahrrad-Mobilität ist, zeigte sich im Frühjahr 2024, als ein Sturm der Entrüstung darüber ausbrach, dass mit deutschen Entwicklungsgeldern der Bau von Fahrradschnellwegen in Lima/Peru gefördert wurde. Da spielte es dann keine Rolle mehr, dass die Kampagne im Dezember 2023 von einer ehemaligen AFD-Bundestagsabgeordneten gestartet wurde, dass mit völlig falschen Zahlen operiert wurde und dass die Förderung des Fahrradverkehrs in Peru keine deutsche Idee war, sondern Teil eines Klimaschutzprogramms der peruanischen Regierung. Man wollte sich aufregen und tat es dann auch. Ein Nebeneffekt war, die deutsche Entwicklungsförderung zu diskreditieren. Als bald darauf die Bundesregierung die Mittel für die Entwicklungsförderung und Katastrophenhilfe für das Haushaltsjahr 2025 kürzen wollte, regte sich dagegen kaum öffentlicher Widerstand. Das lag gewiss nicht allein an der Kampagne zu den Fahrradwegen in Peru. Aber ein Rolle dürfte dies gespielt haben.
[2] Süddeutsche Zeitung, 12.10.2002
[3] Vgl. epd-Zentralausgabe, 19.7.2002
[4] Vgl. Das Parlament, 11.1.2002
[5] Nordelbische Kirchenzeitung, 4.8.2002