Shrimps-Farmen – eine Bedrohung von Feuchtgebieten

 

Der weltweit rasch wachsende Shrimps-Konsum hat zur Zerstörung der Mangrovenwälder wesentlich beigetragen. Von Ecuador bis Bangladesch sind die Bäume abgeholzt worden, um Platz für Shrimps-Farmen zu machen. Dabei ist die Zerstörung der üppigen Wälder an den Ufern tropischer Meere und Flüsse überall verboten, aber wo lukrative Geschäfte mit den Shrimps (auch Garnelen genannt) winken, finden sich immer Unternehmer, die Beamte bestechen, und Beamte, die das Geld annehmen und das Zerstörungswerk ignorieren.

 

In Ecuador sind bereits zwei Drittel der Mangrovenwälder verschwunden. Damit geht eine Verarmung der lokalen Bevölkerung einher, etwa der Muschelsammler am Fluss Bolivar. Als Folge der Zerstörung von Uferzonen und des massiven Einsatzes von Tiermedikamenten auf den Shrimps-Farmen­ ist der tägliche Ertrag der Muschelsammler auf weniger als ein Drittel gesunken. Außerdem verlieren die natürlich vorkommenden Shrimps mit den Mangrovenwäldern ihren Lebensraum.

 

Vor ähnlichen Problemen stehen die Menschen in den Mangrovengebieten an der Südküste von Bangladesch, die Sundarbarns. Auch hier entstehen immer mehr Shrimps-Farmen, und die ursprüngliche Bevölkerung wird vertrieben, nicht selten mit Gewalt. Die Nutzung von Meerwasser für die Zuchtteiche hat eine Versalzung des Bodens zur Folge. Der Einsatz von großen Mengen Pestiziden und Tiermedikamenten schädigt die Umwelt im weiten Umkreis der Shrimps-Farmen. Nach acht bis zehn Jahren müssen die Teiche aufgegeben werden, und das nächste Stück Mangrovenwald wird vernichtet. Versalzung und Vergiftung des Bodens machen es unmöglich, diese Fläche anschließend landwirtschaftlich zu nutzen.

 

Umso erschre­cken­der ist es, dass die Shrimps-Farmen in Asien ursprünglich von der Welternährungsorganisation WHO und der Weltbank kräftig gefördert wurden, weil die Hoffnung bestand, mit den Garnelen den Eiweißmangel der unterernährten Bevölkerung zu beseitigen. Aber rasch zeigte sich das, was man sich schon vorher hätte überlegen können: Den Armen fehlte das Geld zum Kauf der Garnelen. Stattdessen wurden sie zu einem wichtigen Exportartikel in reiche Länder.

 

Verantwortung beim Shrimpskauf

 

Es lohnt sich, sich vor einem Kauf näher nach der Herkunft der Shrimps zu erkundigen, zum Wohle der Umwelt, der Menschen in den Küstenregionen der Tropen – und der eigenen Gesundheit, denn wer möchte mit den schmackhaften Meerestieren zugleich einen Chemiecocktail zu sich nehmen. Wie groß diese Gefahr ist, wurde deutlich, als im Herbst 2002 in Shrimps, die nach Deutschland importiert wurden, das Krebs erregende und verbotene Antibiotikum Nitrofuran gefunden wurden. Im Januar 2002 erschien in der Zeitschrift „Ökotest“ der Bericht über eine Untersuchung, in der in 7 von 20 Shrimps-Produkten das bei uns verbotene Antibiotikum Chloramphenicol nachgewiesen wurde. Greenpeace hat ein Verkaufsverbot für derart be­las­tete Shrimps-Produkte gefordert.

 

Michael Netzhammer schrieb in einem Beitrag der Zeitschrift „Eine Welt“ über Shrimps-Farmen in Ecuador Anfang 2001: „Sinnvoll – das sind sich die Umweltorganisationen einig – wäre eine Krabbenzucht, die sich auf ausgewiesene Gebiete beschränkt, die den Küstenbewohnern Raum zum Leben lässt und die als Ziel nicht kurzfristige Gewinne formuliert, sondern ökologische Standards einzuhalten bereit ist. Darüber entscheiden nicht zuletzt die Konsumenten in Deutschland. Schauen sie wie bisher hauptsächlich auf den Preis, unterstützen sie damit jene, die sich zugunsten einer billigen Produktion über soziale und ökologische Bedenken hinwegsetzen.“

 

Es gibt Alternativen zu dieser zerstörerischen Produktion von Billig-Shrimps für den Weltmarkt. So ist es Cesar Ruperti gelungen, in Ecuador die erste ökologische Shrimps-Farm der Welt aufzubauen, für die keine Mangroven zerstört werden und die keine Pestizide einsetzt. Er hatte von seinem Vater eine konventionelle Shrimps-Farm geerbt und erkannt, dass eine solche Shrimps-Zucht wegen des massiven Chemieeinsatzes vor unlösbaren Problemen stand. Er entschloss sich deshalb, Methoden einzuführen, die in Einklang mit der Natur standen. Seine Nachbarn waren skeptisch, aber nach einigen anfänglichen Rückschlägen gelang es Ruperti, einen wirtschaftlich erfolgreichen ökologischen Betrieb aufzubauen. Während in konventionell betriebenen Teichen bis zu 100 Garnelen pro Quadratmeter wachsen sollen, sind es bei Ruperti nicht mehr als 20. ­Antibiotika und andere Chemikalien sind Tabu, ebenso Fischmehl als Nahrung. Ruperti setzt mit Erfolg pflanzliche Proteine ein, um die Garnelen aufzuziehen und hat dafür inzwischen auch die richtige Mischung gefunden.

 

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu wirtschaftlichem Erfolg war die Zertifizierung als ökologisch arbeitende Shrimps-Farm durch den deutschen Öko-Verband „Naturland“. Der entwickelte für diesen Zweck ökologische Richtlinien für Aquakultur-Betriebe. In Ecuador selbst, aber zum Beispiel auch in Vietnam und Indonesien, wächst die Zahl der Betriebe, die nach ökologischen Prinzipien arbeiten und dies zertifizieren lassen wollen. Es ist ein Markt für Öko-Shrimps entstanden, der stetig wächst. Cesar Ruperti hat mittlerweile auch begonnen, Mangroven zu pflanzen, um den Schaden auszugleichen, den sein Vater beim Anlegen der Shrimps-Farm verursacht hatte.

© Frank Kürschner-Pelkmann