Georg Philipp Telemann wurde am 14. März 1681 in Magdeburg geboren. Väterlicherseits stammte er aus einer Theologenfamilie, auch sein Vater Heinrich Telemann war Pastor. Die Mutter Johanna Maria kam ebenfalls aus einer Pastorenfamilie, beide Eltern gehörten also den gebildeten Schichten der Gesellschaft an. Von den sechs Kinder erreichten nur Georg Philipp und sein Bruder Heinrich Matthias das Erwachsenenalter. Während der Bruder Pastor wurde, zeigte sich bei Georg Philipp bereits in der Kindheit eine große musikalisches Begabung, spielte er doch schon rasch mehrere Instrumente und begann im Alter von zehn Jahren zu komponieren. Mit zwölf Jahren hatte er seine erste Oper vollendet. In der Gymnasialzeit in Hildesheim erlernte er - weitgehend autodidaktisch – das Spiel von acht Instrumenten und erhielt auch schon erste Kompositionsaufträge.
Statt Jura zu studieren, komponierte Telemann erste Werke
1701 begann Telemann auf Druck seiner Mutter (der Vater war bereits verstorben) ein Jurastudium in Leipzig. Der Forderung der Mutter, die Musik ganz aufzugeben, verweigerte er sich allerdings. Und bereits nach einem Jahr hatte er nicht nur viele neue Werke komponiert, sondern auch ein Amateurorchester an der Universität gegründet. Als man ihn zum Musikdirektor der Universitätskirche berief, war endgültig klar, dass aus dem jungen Mann kein Jurist werden würde. 1704 nahm er die Stelle eines Kapellmeisters im schlesischen Sorau an und wechselte zwei Jahre später nach Eisenach, wo er eine Anstellung als Konzertmeister und Kantor am herzoglichen Hof erhielt. Die feste Stelle erlaubte es ihm, eine Familie zu gründen, und 1709 heiratete er Amalie Luise Juliane Eberlin, die Tochter eines Komponisten. Sie starb bereits nach zwei Jahren bei der Geburt des ersten Kindes.
1712 wurde Telemann zum städtischen Musikdirektor von Frankfurt am Main berufen, wo er sehr erfolgreich und produktiv als Komponist vor allem von Kantaten und Festmusik tätig war. In Frankfurt heiratete er die erst 16 Jahre alte Maria Catharina Textor. 1721 nahm er die Berufung zum Kantor der Gelehrtenschule Johanneum und zum Musikdirektor der Stadt Hamburg an. Die Wahl erfolgte durch den Rat der Stadt. Der Dichter und Ratsherr Brockes gehörte zu denen, die ihn vorgeschlagen hatten. Allerdings musste der Musiker rasch feststellen, dass sein Gehalt nicht ausreichte, um die Lebenshaltungskosten seiner stetig wachsenden Familie zu finanzieren.
Eine starke Arbeitsbelastung bei mäßiger Bezahlung in Hamburg
Dagegen waren die von ihm erwarteten Arbeitsleistungen gewaltig. Die Lehrverpflichtung am Johanneum gehörte mit vier Stunden pro Woche noch zu den kleinsten Belastungen. Telemann war auch verpflichtet, jede Woche eine neue Kantate zu komponieren, für die Feiertage noch deutlich mehr. Außerdem erwartete man jedes Jahr eine große Passionsmusik von ihm. Hinzu kam die Verpflichtung, für zahlreiche städtische Festlichkeiten mit neuer Musik aufzuwarten. Da fiel kaum noch ins Gewicht, dass er auch der Verantwortlich für die Ratsmusiker trug, die musikalischen Angebote der fünf Hauptkirchen koordinierte und die Johanneums-Kantorei leitete.
Manche Ideen für eigene Kompositionen verdankte Telemann dem Zuhören von Musikern „in gemeinen Wirtshäusern“: „Man sollte kaum glauben, was dergleichen Bockpfeiffer oder Geiger für wunderbare Einfälle haben, wenn sie, so offt die Tanzenden ruhen, fantasieren. Ein Aufmerckender könnte von ihnen, in 8 Tagen, Gedancken für ein ganzes Leben erschnappen.“
Im Blick auf seine finanzielle Situation erwies es sich als Glücksfall für Telemann, dass ihm 1722 die Position des Thomaskantors in Leipzig angeboten wurde. Er reiste nach Leipzig und führte Verhandlungen über eine Anstellung. Nun endlich war der Hamburger Rat bereit, sein Gehalt kräftig zu erhöhen und einen Mietzuschuss zu zahlen. Telemann entschloss sich, in Hamburg zu bleiben. Dass er mit der Drohung des Weggangs ein höheres Gehalt erlangte, haben ihm manche übel angekreidet, aber Eckart Kleßmann gelingt in seinem Buch „Telemann in Hamburg“ eine Ehrenrettung des Musikers: „Dass Telemann dann doch absagte … darf man dem von Geldsorgen geplagten Komponisten nicht verdenken. Es ist ja überhaupt merkwürdig, dass man Geschäftstüchtigkeit, die bei jedem Kaufmann für eine Tugend gilt, bis heute einem Künstler als charakterlichen Mangel ankreidet.“
Um seine prekäre finanzielle Lage zu verbessern, musste Telemann weitere Aufgaben übernehmen
Und es muss auch erwähnt werden, dass der Rat das Gehalt des Musikdirektors jahrzehntelang auf dem gleichen Niveau beließ, während andere Gehälter angesichts der Inflation immer wieder stiegen. Dabei waren die Kosten der Haushaltsführung deutlich gestiegen, nachdem seine zweite Frau Maria Catharina neun Kinder zur Welt gebracht hatte und auch die Tochter aus erster Ehe Telemanns zu versorgen waren.
Telemanns finanzielle Lage verbesserte sich dadurch, dass man ihm die Leitung des Opernhauses übertrug. Damit stieg die Arbeitslast allerdings weiter. Zusätzliche Einnahmen erzielte er als Konzertveranstalter. Um weitere Einkünfte zu erzielen, erlernte er die Kunst des Notenstechens auf Kupferplatten und brachte seine Werke nun im eigenen Verlag heraus. Außerdem war er an der Herausgabe der Musikzeitschrift „Der getreue Music-Meister“ beteiligt. Der Umfang seines Schaffens ist einzigartig in der Musikgeschichte.
1735 trennten sich Georg Phillipp Telemann und seine Frau Maria Catharina. Heute ist nur noch seine und nicht ihre Version der Gründe für die Scheidung bekannt. Sie soll einen aufwendigen Lebensstil gehabt haben, als Scheidungsgrund wird ihr Ehebruch angegeben. Andere Quellen sprechen aber auch vom Ehebruch des Ehemanns. Nach der Scheidung lebten sie möglicherweise getrennt. Sie soll ihm aber weiterhin geschäftlich und privat zur Seite gestanden haben, zum Beispiel während seiner Reise nach Paris 1737, wo seine Auftritte zu einem Triumpf wurden. Als er acht Monate später nach Hamburg zurückkehrte, imponierten seine Erfolge in Frankreich den Hamburgerinnen und Hamburgern. Die Reise festigte Telemanns Ruf als herausragender Musiker. Auch brachte er frisch komponierte Werke mit zurück aus Paris, die sehr beliebt wurden.
„Allein Music kennt nichts als lauter Güte.“
Seine Schaffenskraft blieb ihm bis in Alter erhalten, und die Arbeitslast ließ sein heiteres Wesen und seinen Humor nicht verkümmern. Auch in Konflikten blieb er ein gütiger Mensch, frei von Hass. Sein Lebensmotto lautete: „Allein Music kennt nichts als lauter Güte.“ Für diese und mit dieser Musik hat er gelebt.
Georg Philipp Telemann starb am 25. Juni 1767 im Alter von 86 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Eckart Kleßmann hat den Komponisten so gewürdigt: „Telemanns gigantische Produktion hat zweifellos etwas Beängstigendes … Es stimmt: Telemann hat unendlich viel geschrieben; aber er war kein Vielschreiber. Sein Amt nötigte ihn zu unablässigem Komponieren, und da konnte es gar nicht ausbleiben, dass gelegentlich auch Mittelmäßiges entstand.“ Bach und Händel, auch sehr fleißige Komponisten, haben zusammen nicht einmal die Hälfte dessen geschaffen, was Telemann in einer 75 Jahre währenden Schaffensperiode komponierte. Es entstanden mehr als 3.600 Werke, darunter etwa 50 Opern, 1.400 Kirchenkantaten und 1.000 Orchestersuiten. Viele dieser Werke sind leider verschollen.
Gerade der Umfang seines Werkes rief nach Telemanns Tod immer wieder Zweifel an der Qualität seiner Werke hervor. Hinzu kam, dass mit ihm die Musikepoche des Barocks zu Ende ging und sich in Zeiten von Sturm und Drang sowie Klassik auch der Musikgeschmack änderte. Hatte Telemann zu Lebzeiten neben Händel zu den bekanntesten Komponisten im deutschsprachigen Raum gehört, wurde sein Werk später heftig attackiert und diffamiert, zum Beispiel als „leicht und schnell hingeworfen“ bewertet. Auch hieß es: „In Wirklichkeit war er nur ein Talent der flachsten Art.“
Dabei übersah man geflissentlich, dass der hochgeschätzte Johann Sebastian Bach die Werke Telemanns so schätzte, dass er ganze Kantaten übernahm und als eigene Werke verbreitete. Erst im 20. Jahrhundert stieg die Wertschätzung des Komponisten Telemann wieder, und seine Werke werden erneut häufiger gespielt. In Hamburg beliebt sind heute unter anderem seine Wassermusiken mit den Titeln „Hamburger Ebb‘ und Flut“ und „Alster-Ouvertüre“.
An Hamburgs produktivsten Komponisten, der lange Zeit verkannt wurde, erinnert die Telemannstraße in Eimsbüttel. Die Telemann-Gesellschaft hat die Initiative dafür ergriffen, dass inzwischen ein Telemann Museum im KomponistenQuartier in der Hamburger Peterstraße eröffnet werden konnte.
Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte