Am 27. Mai 1768 unterzeichneten der Stadtsyndikus Jacob Schuback und drei Senatoren einen Vertrag, der Hamburg um den Gegenwert von 100.000 Kilogramm Silber ärmer machte und doch ein großer diplomatischer Erfolg war. Dem „Gottorper Vertrag“ ging ein Jahrhunderte dauernder Konflikt um den politischen Status Hamburgs voraus. Die juristische Auseinandersetzung darüber, ob Hamburg eine Reichsstadt oder Teil des von Dänemark regierten Schleswig-Holsteins war, hatte das Reichsgericht von 1584 an beschäftigt. Hamburg hatte eine Verzögerungstaktik gewählt, weil die Stadt zwar nicht unter dänische Kontrolle geraten wollte, aber möglichst auch nicht offiziell zur Reichsstadt werden mochte, denn dadurch wurden hohe Reichssteuern fällig.
Mit einigem Geschick arrangierte sich Hamburg mit dem ungeklärten Status, der finanziell der denkbar günstigste Status war. Das konnte aber nur gut gehen, wenn man freundschaftliche Beziehungen zum dänischen Königshaus unterhielt und eine dänische Besetzung der Stadt vermied. Das ging gut, bis der dänische König Christian III. Anfang 1559 an die Macht kam und auf Konfrontationskurs ging. So forderte er von der Stadt eine Erbhuldigung, die aber der Kaiser in Wien strikt untersagte, wäre doch so der Anspruch der Dänen auf Hamburg anerkannt worden.
Hamburg bemühte sich nun, einen unabhängigen Status von Dänemark, aber auch vom Reich zu erlangen. Aber eine solche Unabhängigkeit wollten weder dänischer König nach der Kaiser in Wien. Als dieser Versuch gescheitert war, entschloss sich der Hamburger Rat, den Status als Reichsstadt anzustreben, und in diesem Sinne entschied dann - auch mit Hamburger Billigung - das Reichsgericht 1618.
Dagegen legte Dänemark Widerspruch ein. Nach dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges nutzte Dänemark die Situation, um Hamburg 1621 zu zwingen, einen Vertrag zu unterschreiben, der den Zustand vor dem Urteil wiederherstellte. Nur musste Hamburg nun trotzdem Reichssteuern zahlen. Drei Jahrzehnte später kam es zu einer Einigung der Stadt mit Dänemark, die Hamburg die dänische Zustimmung zur Eigenständigkeit der Stadt gebracht hätte, aber mit Hamburger Zahlungen an Dänemark verbunden war. Das war der Bürgerschaft zu teuer, und sie lehnte einen Vertragsabschluss ab.
So blieb der Status von Hamburg zunächst weiter ungeklärt. In den 1760er Jahren begannen neue Verhandlungen, die 1768 den „Gottorper Vertrag“ ermöglichten. Ein Hintergrund war, dass sowohl Schleswig-Holstein als auch Dänemark gegenüber Hamburg hoch verschuldet waren und die Zinszahlungen kaum noch aufbringen konnten. Vorher war Hamburg immer wieder unter Druck gesetzt worden, neue Kredite bereitzustellen, und nun waren die Kreditnehmer überschuldet. Sie waren deshalb bereit, den Status Hamburgs als Freier Reichsstadt anzuerkennen, wenn die Stadt auf die Rückzahlung der Schulden verzichten würde. Die dänische Delegation leitete Heinrich Carl Schimmelmann < S. 232 >, der zu dieser Zeit die zerrütteten Staatsfinanzen Dänemarks sanieren wollte.
Ihm gegenüber saß der Senatssyndikus Jacob Schuback. Er war nach heutigen Maßstäben ein verbeamteter Staatssekretär, und gemeinsam mit drei Senatoren hatte er das Mandat, für Hamburg einen Vertrag auszuhandeln. Er stammte aus einer vermögenden Hamburger Familie, und sein Vater war Bürgermeister der Stadt. Der 1726 geborene Sohn hatte das Johanneum und das Akademische Gymnasium besucht, wo Telemann zu dieser Zeit als Kantor Musikunterricht erteilte. ambuVon 1747 am studierte er Jura in Göttingen.
Viel Anerkennung als Jurist, Diplomat und Musiker
Nach der Rückkehr in die Heimatstadt war er in den Staatsdienst eingetreten und erwarb sich von 1752 an erste Verdienste durch die Neuordnung des städtischen Archivs. 1760 stieg er zum Senatssyndikus auf. Bemerkenswert ist, dass Schuback sich auch als Komponist und Musiker einen Namen machte. So verfasste er gemeinsam mit dem befreundeten Carl Philipp Emanuel Bach eine Kantate. Auch komponierte er eine Reihe eigener Musikwerke, darunter drei Sinfonien. Schuback förderte den Musikunterricht an Schulen und veranstaltete in seinem Haus Privatkonzerte, wobei er als Dirigent auftrat. Er setzte sich erfolgreich für den Bau eines Konzertsaals auf dem Kamp ein, der 1771 eröffnet werden konnte.
Der Schweriner Hofkapellmeister Johann Wilhelm Hertel lobte nach einem Hamburg-Aufenthalt die Vielseitigkeit Schubacks, der den „Welt- und Staats-Mann, den Gelehrten, den Künstler, besonders den Thonkünstler und gründlichen Componisten in sich vereinte, in jedem andern Fach zu Hause (war) … dabei durch seine feine Lebens-Art und zuvorkommende Höflichkeit das beste Herz verrieth“. Schubacks Oratorium „Die Jünger zu Emmaus“ geriet lange Zeit in Vergessenheit und wurde im April 2022 in Krakau das erste Mal wieder aufgeführt. In der Einladung zum Konzert betonten die Veranstalter, Schuback „war eine äußerst einflussreiche Persönlichkeit des Hamburger Musiklebens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts“.
Schuback war zugleich ein hoch angesehener Diplomat. Er und seine Kollegen saßen dem als Finanzgenie anerkannten Schimmelmann gegenüber und handelten viele Vertragseinzelheiten aus, die sich für Hamburg noch Jahrhunderte später als von großem Nutzen erwiesen. Dafür, dass Hamburg auf die Ämter Trittau und Reinbek verzichtete, erhielt die Stadt die Kontrolle über die Elbinseln zwischen Billwerder und Finkenwerder. Das bildete später die Grundlage für die Expansion des Hamburger Hafens und die Errichtung eines Freihafens. Auch andere Vertragsvereinbarungen brachten der Hansestadt viele Vorteile, und man kann feststellen, dass die Hamburger Delegation einen für die Stadt sehr günstigen Vertrag aushandelte, auch wenn der Verzicht auf die Schulden Dänemarks und Schleswig-Holsteins schmerzen musste.
Schuback und die beteiligten Senatoren konnten befriedigt feststellen, dass die Hamburger Bürgerschaft den Vertrag am 3. Juli 1768 ratifizierte und auch die anderen Vertragspartner dies kurz darauf taten. Damit endete auch die 1584 begonnene juristische Auseinandersetzung vor dem Reichsgericht um den politischen Status von Hamburg nach 184 Jahren im Einvernehmen. Es war der bis dahin teuerste Vertrag der Hansestadt und zugleich der wahrscheinlich wichtigste Vertrag. Schuback erhielt weitere diplomatische Aufträge und vertrat die Stadt zum Beispiel 1771 beim Reichstag in Regensburg. Er starb am 15. Mai 1784.
Der Historiker Otto Beneke würdigte den Syndikus Schuback so: „In diesem hochangesehenen Amte entfaltete er die ganze Fülle seiner staatsmännischen Begabung sowohl in inneren als in äußeren Angelegenheiten; durch die ihm übertragenen Gesandtschaften an fürstliche Höfen erwarb er sich, auch außerhalb Hamburgs, Hochachtung und Ansehen.“
Die Schubackstraße in Eppendorf hält die Erinnerung an den Bürgermeister Nikolaus Schuback und seine beide Söhne Jakob und Johannes wach. Die Familie besaß in der Nähe ein Landhaus.
Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte