Cover des Buches "Leben in einer Seniorenwohnanlage"
Cover des Buches "Leben in einer Seniorenwohnanlage"

Checkliste für den Besuch einer Senioren-wohnanlage

Auf einen ersten Besuch in einer Seniorenwohnanlage und später ein Probewohnen können Sie sich mit einer Liste von Fragen vorbereiten, die Sie klären möchten. Diese Liste wird individuell unterschiedlich sein, aber in der Regel sollten Sie auch diese Themen berücksichtigen:

Gibt es Wohnungen/Apartments, die Ihren Vorstellungen entsprechen?

Hier ist Kompromissbereitschaft gefragt. In den meisten Wohnanlagen werden Sie zum Beispiel keine oder fast keine Wohnung finden, in der sowohl das Bad als auch die Küche Fenster haben. Schon wenn Sie auf einem Fenster in der Küche bestehen, schränkt das das Wohnungsangebot drastisch ein. Leichter zu erfüllen wird der Wunsch sein, eine Wohnung oder ein Apartment mit Fenstern nach Osten oder Westen zu erhalten. Es gibt in vielen Wohnanlagen ein relativ breites Spektrum von Wohnungen unterschiedlicher Größe und unterschiedlichen Zuschnitts. Wenn Sie sich auf einen ganz bestimmten Wohnungstyp festlegen, müssen Sie eventuell eine Weile warten, bis eine solche Wohnung zur Verfügung steht.

Achten Sie darauf, welchen Ausblick Sie von einer Wohnung haben. Ein Blick ins Grüne tut der Seele gut. Problematischer ist es, wenn man auf eine Autostraße blickt oder eine vielbefahrene Straße in der Nähe ist. Das kann den Aufenthalt auf dem Balkon stark belasten.

Ist die Wohnung/das Apartment so ausgestattet, wie Sie es wünschen?

Viele Wohnungen besitzen einen Teppichboden als Standardbodenbelag. In manchen Häusern gehören Parkettfußböden zum Standard. Gegen die Übernahme der Kosten sind in vielen Häusern auch andere Fußbodenbeläge möglich. Sie sollten in diesem Fall aber klären, ob bei einem Auszug oder nach dem Ableben des Bewohners erneut Kosten entstehen, um den Standardfußbodenbelag wieder herzustellen.

Hat die Küche/die Küchenzeile eine für Ihre Bedürfnisse ausreichende Größe und Ausstattung?

Apartments verfügen in der Regel über eine schmale Küchenzeile, die ausreichend ist, wenn Sie nur gelegentlich kochen wollen und nicht die Ambition haben, Ihre Gäste mit einem Vier-Gänge-Menü zu verwöhnen. Das Restaurant des Hauses ist eine gute Alternative für die Beköstigung von mehreren Besuchern.

Auch die Küchen von Zwei- und Dreizimmer-Wohnungen sind oft relativ klein, wohl auch deshalb, weil die Betreiber der Wohnanlagen zu Recht annehmen, dass die meisten Bewohnerinnen und Bewohner selten kochen werden. In vielen Häusern gehört ein Mittagessen im Restaurant zu den Standardleistungen für alle Bewohnerinnen und Bewohner. Wenn Sie neben Herd und Kühlschrank weitere Geräte wie einen Geschirrspüler oder eine zweite Küchenzeile einbauen möchten, ist zu empfehlen, diese Einbauten bereits vor dem Einzug vornehmen zu lassen. Das übernimmt dann der Träger der Seniorenwohnanlage gegen Bezahlung oder vermittelt Ihnen Handwerksfirmen.

Ist die Wohnung und besonders das Bad barrierefrei?

Barrierefreiheit sollte eine Selbstverständlichkeit in einer Seniorenwohnanlage sein. Aber besonders in älteren Anlagen empfiehlt es sich, auf Details zu achten. Sind alle Türen (einschließlich der Balkontür) breit genug für einen Rollstuhl und auch für einen breiteren Pflegerollstuhl? Gibt es eine Schwelle zum Balkon? Ist das Bad mit einer bodengleichen Dusche ausgestattet? Dieser letzte Punkt kann im Fall von Pflegebedürftigkeit mit darüber entscheiden, wie lange Sie in Ihrer Wohnung gepflegt und geduscht werden können und wann der Umzug in eine stationäre Pflegeabteilung oder eine Pflegeeinrichtung erforderlich wird.

Selbstverständlich ist auch wichtig, ob die Hausflure, das Restaurant, die anderen Gemeinschaftseinrichtungen sowie die Gartenanlagen barrierefrei sind. Prüfen Sie kritisch, ob Sie mühelos überall hin gelangen, wenn Sie auf einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen sind oder einmal angewiesen sein sollten.

Gibt es Läden und Arztpraxen im Haus oder in der Nähe?

Wenn Sie in eine Seniorenwohnanlage einziehen, haben Sie vielleicht noch ein Auto oder können längere Strecken zu Fuß oder mit dem Bus zurücklegen. Rechnen Sie aber mit der Möglichkeit, dass jeder längere Weg nur noch mit Mühe zurückgelegt werden kann. Eine Senioren­wohn­anlage in ländlicher Idylle hat viele Reize, aber die können verblassen, wenn Sie nur noch mit dem Taxi zum Hausarzt oder zum Supermarkt in der nächsten Stadt gelangen.

Besonders in Seniorenwohnanlagen, in deren Nähe es keine Geschäfte gibt, ist ein kleiner Laden im Haus eine willkommene Alternative. Es gibt auch mobile Einkaufsmärkte, die regelmäßig Wohnanlagen anfahren. Nur, wer kann Ihnen garantieren, dass es dieses Angebot auch noch in zehn oder fünfzehn Jahren geben wird, wenn Sie darauf angewiesen sein könnten? In der Wohnanlage, in der ich am Rande von Hamburg lebe, liefert ein Supermarkt einmal in der Woche auf Bestellung gegen eine relativ bescheidene Gebühr ein breites Angebot an Lebensmitteln und weiteren Artikeln ins Haus. Ein solches Angebot wird wahrscheinlich auch längerfristig bestehen bleiben, weil der Betreiber des Supermarktes ein Interesse an diesem Umsatz hat.

Viele Seniorenwohnanlagen bieten einen Shuttleservice mit dem Kleinbus oder einen verbilligten Taxiservice in das Ortszentrum oder zum Wochenmarkt an. Das werden Sie in höherem Alter sehr schätzen. Gut geführte Häuser haben ein oder mehrere Formen der Unterstützung beim Einkaufen im Angebot.

In vielen größeren Seniorenwohnanlagen haben sich Hausarztpraxen, Physiopraxen, Friseursalons und Fußpflegepraxen angesiedelt. Das ist ein Pluspunkt, den Sie hoch bewerten sollten. Punkten können auch Seniorenwohnanlagen, die mit Fachärzten die Vereinbarung getroffen haben, dass der Kleinbus des Hauses die Bewohnerinnen und Bewohner ein oder zwei Mal im Monat zur Behandlung in diese Praxis bringt.

Welche Gemeinschaftseinrichtungen gibt es im Haus?

In der Werbung der Seniorenwohnanlagen werden die Gemeinschaftseinrichtungen stets hervorgehoben und angepriesen. Ein Restaurant gehört zum Standard, manchmal ergänzt um ein Café. Auch Gymnastikräume sind häufig anzutreffen. Besonders in den teureren Residenzen gehören auch Schwimmbäder zum Angebot. Bei den Veranstaltungsräumen gibt es je nach Größe der Einrichtung und der Preisklasse große Unterschiede. Einige Häuser verfügen über kleine Theater. Das klingt vielleicht nach übertriebenem Luxus, kann aber drei Vorteile haben. Häufig wird ein besonders anspruchsvolles kulturelles Angebot gemacht, das auch von Besuchern aus dem Ort oder Stadtteil genutzt wird. Außerdem kann man die Erwartung haben, dass hier die Akustik besser für Musikdarbietungen und Schauspiele geeignet ist als in einem Restaurant, das nebenbei auch für kulturelle Zwecke genutzt wird. Auch werden Sie in vielen kleinen hausinternen Theatern eine bequeme Theaterbestuhlung vorfinden.

Prüfen Sie kritisch, ob das Haus einen sauberen und gepflegten Eindruck macht oder renovierungsbedürftig zu sein scheint. Der Zustand der Sessel und Stühle in den Gemeinschaftseinrichtungen kann dafür ein Indiz sein.

 

Welche Freizeitangebote werden gemacht?

Viele Seniorenwohnanlagen bieten ein breites Freizeit­angebot an, das zum Wohlbefinden und auch zur Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner in hohem Maße beiträgt. Diese Angebote gehören zu den überzeugendsten Argumenten für ein Leben in einer Seniorenwohnanlage.

Je größer eine Einrichtung ist und je höher die monatlichen Zahlungen der Bewohner sind, desto breiter ist in aller Regel dieses Angebot. In Einrichtungen wie dem Augustinum Stuttgart-Sillembusch mit etwa 730 Bewohnerinnen und Bewohnern gibt es ein beeindruckend breites Angebot von Yoga über gemeinsames Trommeln und Fremdsprachen bis zu diversen Gymnastikkursen.

Eine Einrichtung mit 70 Plätzen wird ein deutlich kleineres Freizeitprogramm anbieten. Sie sollten diese Unterschiede nicht überbewerten. Wahrscheinlich wollen Sie nur an einem einzigen Gymnastikkurs teilnehmen, eine Trommelgruppe ist Ihnen vielleicht zu laut und Yoga ist für Sie ein Fremdwort und wird es bleiben. Wenn Sie Wert auf ein breites kulturelles Programm legen, werden Sie das nur in größeren Häusern finden. Ein großer Spa-Bereich ist in der Regel nur in der teuersten Kategorie von Residenzen vorhanden.  

Sie sollten sich also bewusst machen, an welchen Freizeitaktivitäten Sie gern teilnehmen möchten und welche davon Ihnen besonders wichtig sind. In Einrichtungen mit etwa 250 bis 300 Bewohnern werden vom Gedächt­nistraining über Fremdsprachen- und Literaturgruppen bis zu Vorträgen, Wanderungen und Ausflügen viele Angebote gemacht. Wenn Sie eine gute Beschäftigungstherapeutin in einer Seniorenwohnanlage haben, werden Sie wie ich erfreut sein, wie viele Angebote sie den Bewohnerinnen und Bewohnern macht. Die Programme bieten auch die Möglichkeit, Mitbe­wohnerinnen und Mitbewohnern kennenzulernen und Freundschaften zu schließen. Wichtig wird Ihnen auf alle Fälle sein, dass es Angebote gibt, die geeignet sind, Ihr körperliches und geistiges Wohlergehen zu fördern.

Wenn Sie großen Wert auf ein sehr breites und anspruchsvolles kulturelles Angebot legen, sollten Sie vielleicht Kompromisse bei der Größe Ihrer Wohnung oder Ihres Apartments eingehen und dafür eine teurere Residenz wählen, in der Sie viele Konzerte, Vorträge und Aufführungen genießen können.

Die Bedeutung der Qualität des Restaurants

Für viele ältere Menschen ist der tägliche Genuss der Mahlzeiten von großer Bedeutung für Lebensqualität und Wohlbefinden – wenn es denn ein Genuss ist. Verfügt eine Seniorenwohnanlage über eine eigene Küche, in der die Mahlzeiten zubereitet werden, ist das schon einmal ein gute, wenn auch für sich genommen keine hinreichende Grundlage für schmackhaftes Essen. Manche Seniorenwohnanlagen beziehen die Mahlzeiten aus einer entfernten zentralen Küche für mehrere Häuser oder ein Cateringunternehmen. Das Essen wird dann in Ihrer Senioren­wohnanlage wieder erwärmt. Es lohnt sich, bei einem Besuch genau herauszufinden, ob in der Küche tatsächlich alle Mahlzeiten gekocht werden.

Bei einem ersten Besuch in einer Seniorenwohnanlage wird man manchmal nach der Besichtigung zu einem Mittagessen eingeladen. Nehmen Sie eine solche Einladung auf jeden Fall an. Sie können bei dieser Gelegenheit und beim Probewohnen nicht nur die Qualität des Essens kennenlernen, sondern auch das Restaurant.

Achten Sie darauf, wie dicht die Tische gestellt sind und wie Sie die Lautstärke im Raum empfinden. Wenn es eng in dem Restaurant ist, ist wahrscheinlich auch die Lautstärke hoch. Es stellt sich zudem die Frage, ob Sie einen Rollator mit ins Restaurant nehmen können. Es gibt viele Bewohner, die ohne Rollator nur wenige Schritte gehen können. Wenn der Rollator vor dem Restaurant geparkt werden soll, besteht die Möglichkeit, dass eine Restaurantmitarbeiterin Ihren Rollator hinausbringt, nachdem Sie Platz genommen haben, und ihn zu Ihrem Aufbruch wieder zurückbringt. Tag für Tag kann das eine etwas nervende Prozedur für die Beteiligten sein.

Im Restaurant haben Sie als Besucher auch die Gelegenheit, die Kommunikation zwischen Bewohnern und Personal zu beobachten, ebenso unter den Bewohnern. Vielleicht werden Sie auch zu Bewohnern an den Tisch gesetzt und können mit Ihnen ins Gespräch kommen. Wichtig ist, dass Sie bei einem ersten Restaurantbesuch keine voreiligen Schlüsse ziehen. Es kann durchaus sein, dass die vier Bewohner am Nachbartisch sich anschweigen oder nur hin und wieder ein Wort miteinander wechseln. Aber Sie werden nicht mitbekommen, dass die Bewohner zwei Tische weiter ein freundschaftliches Verhältnis zuein­ander haben, sich viel unterhalten, aber an diesem Tag vor allem damit beschäftigt sind, die Gräten aus ihren Fischen zu entfernen. Auch haben Sie vielleicht das Pech, dass die einzige launische Restaurantmitarbeiterin an den Tischen in Ihrer unmittelbaren Umgebung serviert. Um sich ein besseres Urteil bilden zu können, sollten Sie das oder die von Ihnen bevorzugten Häuser als Probewohner näher kennenlernen.

Dürfen Haustiere in die Seniorenwohnanlage mitgenommen werden?

Für viele Senioren sind der Hund oder die Katze zu wichtigen Partnern geworden. Sie möchten deshalb ihr Haustier mit in die Seniorenwohnanlage nehmen. Das ist verständlich, aber in den Verträgen vieler Häuser ausdrücklich ausgeschlossen. Ein Hauptgrund ist, dass die Seniorenwohnanlage im Falle einer schweren Erkrankung oder des Todes eines Bewohners nicht die Betreuung des Haustiers übernehmen will. Häufig sind Verwandte des Erkrankten oder Verstorbenen nicht zur Übernahme des Haustiers bereit. Dann muss die Seniorenwohnanlage darauf hoffen, dass das nächstgelegene Tierheim den Hund oder die Katze aufnimmt. Das kann bei einer großen Seniorenwohnanlage mit einem kleinen Tierheim in der Nähe rasch zu Problemen führen. Schon früher kann sich die Frage stellen, wer den Hund ausführt oder die Katze füttert, wenn ein Bewohner das nicht mehr oder nicht zuverlässig tun kann. Auch hygienische Probleme können entstehen.

Es gibt Seniorenwohnanlagen, in die man trotzdem mit einem Haustier einziehen kann. Aber es ist nicht unproblematisch, den Einzug in eine bestimmte Wohnanlage primär von dieser Frage abhängig zu machen. Ich erinnere mich an eine Bekannte, die eine große Katzenliebhaberin war. Sie weigerte sich hartnäckig, ohne ihre Katze in eine Seniorenwohnanlage zu ziehen. Sie fand in ihrer Gegend ein einziges Haus, in das Sie mit Katze einziehen konnte. Das war allerdings schon in etwa der einzige Vorzug dieser Seniorenwohnanlage, die ziemlich abgelegen lag und kein nennenswertes kulturelles Angebot für die Musikliebhaberin bot. Sie lebte nun zwar weiterhin mit ihrer Katze zusammen, war aber trotzdem unzufrieden mit ihrer Lebenssituation.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, erst dann in eine Seniorenwohnanlage einzuziehen, wenn das Haustier gestorben ist. Wenn Ihr eigenes Lebensalter und Ihre gesundheitliche Situation das zulassen, ist das eine zu respektierende Entscheidung, die auch die Verwandten akzeptieren sollten. Ich kenne einige Senioren und Seniorinnen, die so vorgegangen sind.

Welche Unterstützung gibt es im Notfall?

Ein großer Vorteil von Seniorenwohnanlagen kann darin bestehen, dass Sie bei einem medizinischen Notfall schnell Hilfe erhalten. Klären Sie, ob es im Hause selbst ein 24-Stunden-Notdienst besteht. Das setzt voraus, dass es eine hausinterne ambulante Pflege und möglichst auch eine Pflegestation gibt, die rund um die Uhr besetzt ist. Müssen Sie im Notfall selbst einen externen Pflegedienst oder den Rettungswagen alarmieren, der dann hoffentlich bald ins Haus kommt, dann sind Sie in dieser Hinsicht in einer Senioren­wohnanlage nicht viel besser aufgehoben als in Ihrer bisherigen Wohnung oder Ihrem Haus.

Besteht ein 24-Stunden-Notdienst, ist dies ein gutes Argument, in eine Seniorenwohnanlage zu ziehen. Ich habe in unserem Haus in Bedarfsfällen nur positive Erfahrungen gemacht. Die Schwestern kamen auch nachts stets sehr rasch und häufig zu zweit. Sie stellten dann auf der Grundlage ihrer oft langjährigen Erfahrungen zügig fest, ob eine Behandlung durch sie in der eigenen Wohnung möglich war oder der Rettungswagen (eventuell zusätzlich ein Notarzt) alarmiert werden musste. Das Urteil der Pflegekräfte und ihr Austausch mit Rettungssanitätern vermeidet unter Umständen einen Transport in eine Notaufnahme mit stundenlangen Wartezeiten, obwohl die Einlieferung eigentlich medizinisch nicht notwendig gewesen wäre.

Bei Bedarf kommt nach zwei oder drei Stunden erneut eine Schwester in Ihre Wohnung, um zu sehen, wie es dem Erkrankten inzwischen geht. Der Wert einer solchen Unterstützung im Notfall kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Fehlt in einer Seniorenanlage ein solches Angebot, verdient sie meines Erachtens einen Minuspunkt.

Wenn es in einem Haus keine Rund-um-die-Uhr-Versorgung für den Notfall gibt, sollte in größeren Häusern zumindest die Rezeption 24 Stunden am Tag besetzt sein. Kleinen Seniorenwohnanlagen müssen Sie zugutehalten, dass diese Schwierigkeiten haben, ein solches Angebot zu machen. Aber bei einem großen Haus, das sich dann auch noch Residenz nennt, muss man ins Nachdenken kommen, wenn die Rezeption nur wochentags von 9 bis 16 besetzt ist und es im Haus auch keine Pflegekräfte gibt, die alarmiert werden können.

Es hat also große Vorteile, wenn es im Hause ein ambulantes Pflegeangebot gibt und die Pflegekräfte eines externen Anbieters nicht für jeden Einsatz ins Haus kommen müssen. Das zeigt sich auch bei chronischen Erkrankungen, bei denen bis zu fünf Mal am Tag ein Pflegeeinsatz erforderlich ist. Eine intensive ambulante Pflege kann es in vielen Fällen ermöglichen, dass Sie länger in Ihrer Wohnung oder Ihrem Apartment bleiben können, bevor eine Verlegung in eine Stationäre Pflegeeinrichtung erforderlich wird.

Angesichts des Pflegenotstandes in unserem Land, weil eine ausreichende Zahl von Pflegekräften fehlt, kann man ein besseres Gefühl haben, wenn es vor Ort Pflegekräfte gibt und die Leitung des Hauses sich für die gesundheitliche Versorgung der Bewohner verantwortlich fühlt.

Letzteres ist schon im Eigeninteresse der Seniorenwohnanlage der Fall. Eine schlechte Bewertung der ambulanten Pflege durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen schadet der Reputation und kann sich negativ auf den Vermietungsgrad der Apartments und Wohnungen auswirken.

Damit soll nicht gesagt werden, dass Pflegedienste, die nicht an eine Seniorenwohnanlage gebunden sind, schlech­tere Leistungen erbringen. Es gibt unter ihnen viele ganz ausgezeichnete Anbieter, die hohe fachliche Qualität mit Empathie für die Patienten verbinden. Aber Pflegekräfte im Hause sind bei Bedarf sehr viel schneller da. Auch fällt es vielleicht leichter, eine persönliche Beziehung zu einer Pflegekraft aufzubauen, wenn sie Teil des Personals des Hauses ist.

Gibt es im Haus eine Pflegeabteilung?

Es hat große Vorteile, wenn man bei der Notwendigkeit, in eine stationäre Pflege zu wechseln, in der eigenen Senioreneinrichtung bleiben kann. Das werden Sie dann besonders schätzen, wenn Ihr Ehepartner noch lebt, in der Wohnung bleibt und Sie von dort aus häufig besuchen kann. Wenn Sie während der Jahre im Wohnbereich des Hauses viele Bekanntschaften und Freundschaften geschlossen haben, besteht die Hoffnung, von diesen Menschen in der Pflegeabteilung besucht zu werden. Zu große Erwartungen dürfen Sie in dieser Hinsicht allerdings nicht haben. Oft kommt man erst im hohen Alter in die Pflegeabteilung, was natürlich auch wünschenswert ist. Aber von den Menschen, die man in der Seniorenwohnanlage näher kennengelernt hat, werden bis dahin vielleicht viele bereits verstorben sein. Einige andere Ihrer Bekannten könnten inzwischen ebenfalls in der Pflegeabteilung leben.

Hilfreich ist es, wenn die Betreiber der Seniorenwohnanlage Ihnen zusagen kann, dass Sie bei Bedarf auf jeden Fall in die Pflegeabteilung aufgenommen werden und ggf. bis dahin in Ihrer Wohnung weitergepflegt werden. Angesichts der kritischen Situation im Pflegesektor überall in Deutschland ist eine solche Zusage viel wert.

Wenn eine Pflegeabteilung vorhanden ist, sollten Sie sich beim Kennenlernen des Hauses ausführlich darüber informieren. Lassen Sie sich auf jeden Fall die letzte Bewertung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen zeigen. Eine „1“ vor dem Komma soll wie in der Schule „Sehr gut“ bedeuten. Da aber die Beurteilungskriterien eine sehr starke Schlagseite zugunsten der Betreiber haben, kommt es auf die Ziffer hinter dem Komma an. Eine „1,9“ ist schon nicht mehr gut. Es lohnt sich, die Bewertungen der Häuser, die für Sie von Interesse sind, miteinander zu vergleichen.

Dabei sollten Sie besonders auf die Bewertung der Betreuung von Bewohnern mit einer Demenzerkrankung achten. Eine schlechte Bewertung auf diesem Gebiet ist ein Grund zur Skepsis. Es ist aber zu berücksichtigen, dass es außerhalb des jeweiligen Hauses besonders in Städten verschiedene Angebot für Menschen mit einer Demenzerkrankung gibt wie spezielle Pflegewohn­gemeinschaften. Wie lang dort die Wartezeiten in einigen Jahren sein werden, kann Ihnen allerdings heute niemand sagen.

Es gilt auch subjektive Faktoren zu berücksichtigen. Wenn Sie auf keinen Fall in einem Doppelzimmer in einer Pflegeeinrichtung leben möchten, nützt Ihnen die Pflege­ab­teilung in einer Seniorenwohnanlage, die fast nur Doppelzimmer anbietet, wenig. Man kann sich allerdings auch in einem Doppelzimmer wohl fühlen, weil man einen Gesprächspartner hat und die Schwestern häufiger ins Zimmer kommen.

Vergleichen Sie die Kosten der Seniorenwohnanlagen gründlich

Ein Vergleich der monatlichen Kosten in Senioreneinrichtungen ist nicht so einfach, wie man vielleicht annehmen würde. Je nach Haus sind unterschiedliche Leistungen durch die monatlichen Zahlungen abgedeckt oder müssen zusätzlich bezahlt werden. In den meisten Häusern ist das Mittagessen ein Teil des Standardangebots und weitere Mahlzeiten können hinzugebucht werden. In manchen Häusern müssen alle Mahlzeiten extra bezahlt werden, wenn es überhaupt ein eigenes Restaurant gibt. Unterschiedlich sind die Regelungen zum Beispiel auch bei der Stromrechnung. Die Teilnahme an Beschäftigungsangeboten wie Gymnastik ist meist im Preis enthalten, während bei vielen Kulturveranstaltungen ein Eigenbeitrag erhoben wird.

In vielen Häusern ist beim Einzug eine Kaution zu zahlen, manchmal auch ein Wohndarlehen. Sie werden nach dem Auszug oder Tod erstattet, ggf. abzüglich der Kosten für eine Renovierung der Wohnung oder des Apartments. Es lohnt sich, die Passagen in den Verträgen zu studieren, die aufschlüsseln, welche Renovierungskosten bei der Aufgabe einer Wohnung von den Bewohnern bzw. deren Erben zu zahlen sind. Es gibt auch Seniorenwohnanlagen, in denen Eigentumswohnungen angeboten werden, die später zurückgekauft werden. Als Eigentümer der Wohnung haben Sie selbstverständlich eine niedrigere monatliche Belastung als in anderen Seniorenwohnanlagen.

In vielen Häusern sind auch die Kosten für eine Pflege im eigenen Apartment oder in der eigenen Wohnung für mehrere Wochen im Jahr im monatlichen Preis enthalten. Klären Sie, was genau eingeschlossen ist.

Ein exakter Vergleich der verschiedenen Angebote ist also kaum möglich. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht alle Anbieter Ihre Preise auf Ihren Websites auflisten. In jedem Fall sollten Sie sich bei einem Besuch eine detaillierte Auflistung der Kosten für Standardleistungen und Wahlleistungen geben lassen. Es lohnt sich dann, die Kosten in den einzelnen Häusern gründlich zu vergleichen, auch wenn damit ein gewisser Zeitaufwand verbunden ist und meist gewisse Ungenauigkeiten bei der Berechnung bleiben.

Wie ist die Atmosphäre im Haus?

Die Atmosphäre in einer Seniorenwohnanlage oder Residenz hat eine große Bedeutung für Ihr Wohlbefinden in diesem Haus. Für die Zeitschrift „Finanztest“ haben Tester zwölf Residenzen beim Probewohnen kennengelernt. In dem im Februar 2006 veröffentlichten Bericht ist über ein Haus zu lesen: „Unseren Testern gefiel die heitere Stimmung im Haus und die herzliche Betreuung durch sehr aufmerksames Personal.“ Über ein anderen Haus war zu lesen: „Gefallen hat unseren Testern die sehr gute Atmosphäre im Haus. Sie lobten vor allem das herzliche Personal, das sich besonders bemüht, die Kontakte unter den Bewohnern zu fördern.“ Zu einem anderen Haus wurde hingegen festgestellt: „Das Haus machte auf unsere Tester häufig einen leeren Eindruck.“

Es ist wichtig, sich einen eigenen Eindruck von der Atmosphäre in den einzelnen Häusern zu machen, die für Sie in der engeren Wahl sind. Das ist vorzugsweise beim Probewohnen möglich. Gewiss ist es nicht einfach, in einer Seniorenwohnanlage eine heitere Atmosphäre zu schaffen. Da müssen schon Leitung, Beschäftigte und Bewohner zusammenwirken.

Das ist, wie die Zitate zu den Tests zeigen, offenbar möglich, und Seniorenwohnanlagen, in denen Sie diese heitere Atmosphäre wahrnehmen, sollten oben auf Ihre Favoritenliste kommen. Um Missverständnisse zu vermeiden: Heitere Atmosphäre bedeutet nicht, dass alle Bewohner und Beschäftigten ständig fröhlich pfeifend im Haus unterwegs sind. Aber es gibt eine Grundzufriedenheit und ein weitgehend entspanntes Miteinander. Sie können sich vornehmen, später in der Seniorenwohnanlage Ihrer Wahl zu einer solchen heiteren Atmosphäre beizutragen.

Kommen Sie zu einer Gesamtbewertung einer Seniorenwohnanlage

Eine Hilfe dabei können bei einer Bewertung der Häuser auch Testberichte des Deutschen Instituts für Service-Qualität liefern. In ihrem Testbericht im Jahr 2023 bewertete es die Qualität von neun Anbietern von Seniorenresidenzen, die mindestens zehn Häuser betreiben. Kleinere Anbieter wurden also nicht berücksichtigt. Testsieger war Augustinum, gefolgt von Rosenhof und Kursana. Im Testbericht heißt es: „Qualität hat natürlich ihren Preis ...“

 

Bei einem ersten Besuch werden Sie nicht alle Fragen in ausreichendem Umfang klären können. Sie können aber die Spreu vom Weizen trennen und Häuser von Ihrer Liste streichen, die bei mehreren Punkten auf Anhieb durchgefallen sind. Sie können selbstverständlich nicht die Erwartung haben, dass eines der Häuser bei allen Punkten der Checkliste ein „Sehr gut“ verdient. Es gilt dann abzuwägen, was Ihnen besonders wichtig ist und welche schlechte Bewertung zum Ausschluss aus der Favoritenliste führt.  

 

In dem Buch "Leben in einer Seniorenwohnanlage" finden Sie zahlreiche weitere Informationen, wie Sie sich auf  den Einzug in eine Seniorenwohnanlage vorbereiten und wie Sie sich dort einleben können. 

 

Aus:

Frank Kürschner-Pelkmann

Leben in der Seniorenwohnanlage

Ratgeber für die Auswahl, die Planung des Umzugs

und die Eingewöhnung im neuen "Dorf"