Cover des Buches Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte,
Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte, 1016 Seiten ISBN 978-3-384-05017-5 38 Euro

1780 - Johann Jacob Rambach wird zum beliebten Pastor an St. Michaelis

 „Ich habe diesen Ruf, zu welchem ich gar nicht beitragen konnte, angenommen, nicht in Hinsicht auf irdische Vorteile, die ich bei der Zufriedenheit meines Herzens nicht brauche und noch weniger begierig suchte, sondern weil ich hoffen und glauben konnte, bei einer Gemeinde, die wohl aus mehr als 25.000 Seelen besteht, noch mehr Nutzen unter dem Beistand meines Gottes stiften zu können.“ Gerufen hatte 1790 die St. Michaelisgemeinde. Hamburg war damals eine aufstrebende Großstadt, und die Türme der Hauptkirchen ließen jeden erkennen, dass die lutherische Kirche hier eine herausragende Position hatte, den sie jedermann kundtat und verteidigte.

Johann Jacob Rambach wurde am 27. März 1737 in Teupitz in Brandenburg geboren, wo sein Vater Pastor war. Der Sohn studierte Theologie in Halle und arbeitete danach als Lehrer in Magdeburg und Quedlinburg, wo er 1773 zum Oberprediger der Nikolaikirche aufstieg. Sein Ruf als hervorragender Prediger drang bis nach Hamburg, und angesichts des Ansturms von rationalistisch orientierten Aufklärern auf der einen Seite und der Erweckungsbewegung, die die individuelle Frömmigkeit betonte, auf der anderen Seite waren die orthodoxen Lutheraner froh, einen überzeugenden Prediger für den Michel zu gewinnen.

Achtunddreißig Jahre lang stieg Rambach auf die Kanzel der St. Michaeliskirche und wurde rasch zum populärsten Prediger der Stadt. 1801 übertrug man ihm das Amt des Seniors der Kirche. Mit machtvollen Worten predigte er gegen den Rationalismus, dem er vorwarf, dass er den Glauben auf einige moralische Lehrsätze reduzieren wollte. Rambach war andererseits offen für Neuerungen. Auf seine Initiative hin wurde an der Gelehrtenschule Johanneum von 1782 an verstärkt Unterricht in Geschichte, Geografie und Naturwissenschaften erteilt.

Gegenüber der Erweckungsbewegung zeigte er sich weniger aggressiv als sein Amtsbruder Goeze. Rambach lehnte mehrere Berufungen aus anderen Städten ab und blieb in Hamburg. Er heiratete 1766 Marie Juliane Louise Boysen und nach deren Tod 1774 ihre Schwester Eva Maria Elisabeth. Aus beiden Ehen gingen mehrere Kinder hervor.

Über Jahrhunderte waren die Lutheraner die einzige anerkannte Religionsgemeinschaft der Stadt gewesen, aber diese Vorherrschaft geriet ins Wanken, weil immer mehr Nichtlutheraner in die Stadt kamen, vor allem französische Emigranten. Diese Katholiken und Reformierten waren wirtschaftlich erfolgreich und forderten selbstbewusst die Religionsfreiheit ein. Die lutherische Kirche leistete hinhaltenden Widerstand, aber dann besetzten die Truppen Napoleons 1806 Hamburg und nahmen den Lutheranern kurzerhand den Kleinen Michel weg, um hier katholische Gottesdienste für die Soldaten abzuhalten.

Angesichts schlechter Erfahrungen mit den Besatzern begrüßte Rambach im März l8l3 die einrückenden Kosaken und die Hanseatische Legion aus vollem Herzen und weihte ihre Fahnen. Allerdings kehrten die französischen Truppen noch einmal zurück und wüteten in der Stadt. Besonders der Hauptpastor von St. Michaelis zog ihren Zorn auf sich. Aber nach einem Jahr mussten die Franzosen 1814 endgültig abziehen. Pastor Rambach ließ am Turm seiner Kirche weiße Fahnen wehen, um jedermann kundzutun, dass die Franzosen geflüchtet waren. Er wurde dafür ausgewählt, den Dankgottesdienst der Stadt zu halten.

Es stellte sich nun die Frage, was aus dem Kleinen Michel werden sollte. Die Lutheraner unter dem leitenden Pastor, Senior Rambach, forderten die Kirche zunächst nicht offiziell zurück, und die Katholiken konnten hier ihre Gottesdienste feiern. Um den religiösen Frieden zu wahren, kaufte die Stadt den Lutheranern die Kirche ab und schenkte sie den Katholiken. Damit hatte sich der Gedanke durchgesetzt, dass nicht jeder Kirchturm der Stadt ein lutherischer sein musste. Diese Einsicht fiel den Lutheranern etwas leichter, weil der Kleine Michel im Schatten des großen Michel stand.

Am 6. August 1818 starb Hauptpastor Rambach im Alter von 81 Jahren. Mit ihm ging eine Epoche der Hamburger Kirchengeschichte zu Ende, in der die lutherische Kirche ihre Ansprüche erfolgreich verteidigen konnte. Sie gewann aber die Möglichkeit zu einer Erneuerung. Ein Sohn Rambachs übernahm die Stelle des Vaters als Pastor am Michel, und zusammen haben sie 71 Jahre lang Dienst in dieser Kirche geleistet.

 

In der Neustadt erinnert die Rambachstraße (im Portugiesenviertel) an Johann Jacob R

Rambach und seinen Sohn. 

 

Aus: Frank Kürschner-Pelkmann: Entdeckungsreise durch die Hamburger Geschichte

 

© Frank Kürschner-Pelkmann