Lateinamerika und Afrika verlieren ihre Gletscher

 

Der amerikanische Kontinent ist von der Arktis bis Patagonien davon betroffen, dass die Schneemengen sinken und die Gletscher schmelzen. Das zeigt sich von Alaska bis Chile. So wird Venezuela höchstwahrscheinlich noch in diesem Jahrzehnt den letzten seiner früher zehn Gletscher verlieren. Peru ist das tropische Land mit den größten ­Flächen „ewigen Eises“. Aber die Fläche der Hochgebirgsgletscher in den peruanischen Anden hat sich in den letzten Jahrzehnten um 20 bis 30 Prozent vermindert. Die Eiskappe des Quelccaya im Süden Perus gilt mit 44 Quadratkilometern als der flächenmäßig größte Gletscher der Welt. Er zieht sich inzwischen um bis zu 200 Meter pro Jahr zurück, 1963 waren es erst 4,7 Meter. In dem kurzen Zeitraum von 2010 bis 2017 hat Kolumbien 18 Prozent seiner Gletscherfläche verloren. Das „Instituto de la Montaña“ hat festgestellt, dass in den letzten dreißig Jahren die Hälfte der Gletschermenge Boliviens verschwunden ist. Dazu haben sowohl höhere Durchschnittstemperaturen als auch abnehmende Niederschläge beigetragen. Die verbliebenen Gletscher schmelzen noch rascher als in anderen Hochgebirgsregionen der Welt.

 

Ganz im Süden des Kontinents liegen die riesigen Eisfelder Patagoniens, nach Feststellungen von Greenpeace das am Schnellsten schrumpfende Gletschergebiet der Welt. Zwischen 1997 und 2004 verloren allein die argentinischen Gletscher Patagoniens jedes Jahr ein Eisvolumen, das etwa der Wassermenge des Bodensees entspricht.

 

Es wird erwartet, dass das Abschmelzen der Gletscher in den Anden katastrophale Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung von Städten wie Lima in Peru, La Paz in Bolivien und Quito in Ecuador haben wird, ebenso auf die Landwirtschaft in der gesamten Region.

 

Auch wenn beim Stichwort Afrika die meisten Menschen an Wüsten, Savannen und tropische Regenwälder denken, besitzen zwei hohe Berge und ein Gebirge bedeutende Gletscher: Kilimandscharo, Mount Kenia und das Ruwenzori-Gebirge. Aber all diese Gletscher schmelzen als Folge des globalen Klimawandels, die die Aussichten, dass sie sich noch einmal neu bilden könnten, sind in Afrika noch geringer als in anderen Weltregionen.

 

Das Gebirgsmassiv des Kilimandscharo mit dem erloschenen Vulkan Kibo ist die höchste Erhebung Afrikas. Die weiße Gletscher- und Schneekappe ist das beliebteste Fotomotiv Tansanias. Seit 1912 der Kilimandscharo das erste Mal kartiert wurde, sind etwa 85 Prozent der Gletscherfläche geschmolzen. Bedeckte er da­mals noch elf Quadratkilometer, so sind es heute nur noch weniger als zwei. Ei­nige Bäche, die vom Schmelzwasser des Kilimandscharo ge­speist wurden, sind bereits ausgetrocknet.

 

Die Gletscherschmelze hat sich in diesem Jahrhundert stark beschleunigt, und es wird befürchtet, dass in zwei Jahrzehnten kein Eis mehr übrig sein wird. Das ist nicht nur ökologisch ein un­übersehbares Warnsignal, sondern auch wirtschaftlich verheerend für Tansania. Viele Tausend Menschen im Norden des Landes leben davon, dass jedes Jahr zahlreiche Urlauber den Berg er­klimmen. Ohne seinen weißen Eiskegel hätte er aber viel von seiner Attraktivität verloren. Zu beachten ist auch, dass die Landwirtschaft an den Hängen des Kilimandscharo und in seiner Umgebung das Wasser der Bäche, die von den Gletschern gespeist werden, für die Felder nutzen.

 

Auch der Mount Kenia leidet unter dem Gletscherschwund. Von den früher 18 Gletschern an seinen Hängen sind bereits 8 verschwunden, und den anderen droht das gleiche „Schicksal“. Seit Ende des 19. Jahrhunderts hat die eisbedeckte Fläche um ein Drittel abgenommen. Und auch hat sich die Gletscherschmelze in den letzten Jahrzehnten stark beschleunigt.

 

Das Ruwenzori-Gebirge befindet sich in der Grenzregion von Uganda und der Demokratischen Republik Kongo. Die Gletscher an drei hohen Bergen hatten Anfang des 20. Jahrhunderts eine Fläche von etwa 6,5 Quadratkilometern, 2006 waren es lediglich noch 1,3 Quadratkilometer. Die Gletscher dieses Gebirges sind wenig erforscht, und wenn der Klimawandel fortschreitet, wird immer weniger zu erforschen sein.

 

© Frank Kürschner-Pelkmann